"Abschiebungen von Jesiden sind nicht zu rechtfertigen"

"Abschiebungen von Jesiden sind nicht zu rechtfertigen"

Quelle: EKD

Zum "Internationalen Tag zum Gedenken an die Opfer von Gewalttaten aus Gründen der Religion oder des Glaubens" am Donnerstag, 22. August, erinnert die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) insbesondere an den Leidensweg der Jesiden, der vor zehn Jahren in Sinjar im Nordirak begann. Ab August 2014 wurden die Angehörigen der religiösen Minderheit durch die Terrororganisation "Islamischer Staat" (IS) systematisch verfolgt, vertrieben, versklavt und ermordet.

Etwa 7000 Frauen und Mädchen wurden Opfer systematisch verübter Gewalttaten
 
Nachdem der IS Massaker an mehr als 5000 männlichen Angehörigen verübt hatte sowie Häuser, Dörfer, Felder und die gesamte Infrastruktur der Siedlungen zerstörte hatte, erwarteten die Frauen und Mädchen weitere Gräueltaten. EKD-Auslandsbischöfin Petra Bosse-Huber sagt: "Für Jesidinnen folgten Jahre eines unvorstellbaren Martyriums in der Gewalt des IS. Sie wurden gedemütigt, vergewaltigt, zum Verkauf angeboten – weil Jesiden in den Augen der Islamisten Ungläubige sind, die kein Lebensrecht haben. Und weil die IS-Kämpfer die Jesidinnen als ihre rechtmäßige Kriegsbeute betrachteten, mit der sie machen konnten, was sie wollten." Etwa 7000 Frauen und Mädchen wurden Opfer dieser systematisch verübten Gewalttaten - noch immer gelten 2700 von ihnen als vermisst.
 
Auch die christlichen Gemeinden, die seit den ersten Jahrhunderten nach Christus in der Ninive-Ebene beheimatet sind, wurden zu Opfern von Massenflucht und Vertreibung während der IS-Herrschaft. Gegen Jesiden jedoch richtete sich der systematische Vernichtungswille der Islamisten, der die komplette Auslöschung der jesidischen Minderheit, ihrer Religion und ihrer Kultur zum Ziel hatte.

Die größte jesidische Diaspora lebt in Deutschland
 
Die Vereinten Nationen haben die Verbrechen an den Jesiden als Völkermord anerkannt, der Deutsche Bundestag hat sich dem im Januar 2023 angeschlossen und betont, sich mit Nachdruck zum Schutz jesidischen Lebens in Deutschland und ihrer Menschenrechte weltweit einzusetzen. Von etwa einer Million Jesiden weltweit lebt die größte jesidische Diaspora mit etwa 250.000 Angehörigen in Deutschland. Ungefähr 280.000 Menschen befinden sich noch immer in Flüchtlingslagern im Nordirak. Nun werden die Camps jedoch geschlossen, ohne dass es tatsächliche Fortschritte zum Wiederaufbau in der Herkunftsregion gibt.
 
"Wer zurückkehrt, steht vor zerschossenen Häusern und blickt auf vom IS verminte Felder. Die Menschen entbehren jeder Lebensgrundlage. Dazu kommt die Angst, ehemaligen Peinigern wieder zu begegnen, denn sowohl IS-Mitglieder als auch Nachbarn, die mit ihnen kollaboriert haben, leben weiterhin in der Region. Wie soll hier Zukunft möglich sein?", so die Auslandsbischöfin. Dazu komme, dass das Grenzgebiet Sinjar, zwischen dem Irak, Syrien, der Türkei und dem Iran gelegen, nach wie vor ein Konfliktfeld zwischen verschiedenen Parteien und deren jeweiligen Interessen sei. Für Rückkehrer biete es keinerlei Sicherheit – aber gerade die sei für die Opfer eines Völkermordes erste Bedingung für eine Zukunft.

"Insofern ist es nur folgerichtig, dass es einen bundesweiten Abschiebestopp für Jesiden geben muss und eine dauerhafte Bleiberechtsregelung gefunden wird."
EKD-Auslandsbischöfin Petra Bosse-Huber

Bischöfin Bosse-Huber betont: "Vor diesem Hintergrund sind Abschiebungen von Jesiden, bei denen auch Familien getrennt werden, nicht zu rechtfertigen. Deutschland hat mit der Anerkennung des Genozids explizit Verantwortung dafür übernommen, die Opfer zu schützen. Auch wenn der IS als besiegt gilt, ist der Terror noch immer an Körper und Seele spürbar, ist die Gefahr nicht gebannt. Insofern ist es nur folgerichtig, dass es einen bundesweiten Abschiebestopp für Jesiden geben muss und eine dauerhafte Bleiberechtsregelung gefunden wird."

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