Quelle: Diakonie Deutschland / Amadeu Antonio Stiftung / Das Nettz gGmbH / Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement (BBE)
Wenn der Bundestag in diesem Jahr keinen Haushalt für 2024 mehr beschließt, tritt ab dem 1. Januar die sogenannte vorläufige Haushaltsführung in Kraft. Doch was routiniert klingt, ist in der Praxis höchst problematisch. Viele Träger sozialer Projekte und Dienste blicken nun mit großer Sorge in die Zukunft. Die Diakonie Deutschland und andere zivilgesellschaftliche Initiativen warnen angesichts der anhaltenden Haushaltskrise vor gravierenden Folgeschäden im Sozialbereich.
"Viele Angebote sind substantiell finanziell gefährdet." Diakonie-Präsident Ulrich Lilie
Dazu erklärt Diakonie-Präsident Ulrich Lilie:
"Die Tatsache, dass es in diesem Jahr keinen Haushaltsbeschluss mehr geben wird, stellt in diesen Tagen für viele Projekte und Träger im sozialen Bereich eine enorme Herausforderung dar. Gerade kleinere Projekte sind davon besonders betroffen. Viele Angebote sind substantiell finanziell gefährdet. Wenn die dringend benötigten Mittel für 2024 nicht wie zunächst in Aussicht gestellt zur Verfügung gestellt werden, müssen beispielsweise Migrationsberatungsstellen schließen, was dazu führt, dass ausgerechnet Menschen, die dringend Unterstützung benötigen, diese nicht mehr erhalten. Sie werden mit ihren Problemen allein gelassen. Die Folgeprobleme werden wir alle spüren."
"Stellen können nicht wiederbesetzt oder nur unter Vorbehalt verlängert werden, Träger steigen aus Programmen aus und qualifizierte Fachkräfte gehen verloren." Diakonie-Präsident Ulrich Lilie
Seit Wochen herrscht große Planungsunsicherheit in gesellschaftlichen so relevanten Bereichen, wie den Freiwilligendiensten, der Demokratieförderung oder den Jugendmigrationsdiensten. "Stellen können nicht wiederbesetzt oder nur unter Vorbehalt verlängert werden, Träger steigen aus Programmen aus und qualifizierte Fachkräfte gehen verloren", so Lilie weiter. Die Diakonie Deutschland appelliert an die Bundesregierung: Die Schwächsten dürfen nun nicht allein gelassen werden. Nur ein stabiler und verlässlicher Sozialstaat garantiert eine funktionierende Demokratie. "Es ist dringend notwendig, sich jetzt für verlässliche Rahmenbedingungen bei Schlüsselaufgaben im sozialen Bereich einzusetzen. Hier tragen relativ geringe finanzielle Mittel sehr viel für den gesellschaftlichen Zusammenhalt aus."
Lilie appellierte nachdrücklich an die Bundesregierung, ihrer Verantwortung gerecht zu werden und sich für einen stabilen Haushalt 2024 einzusetzen, um auch die zukünftige Arbeit wichtiger sozialer Einrichtungen zu sichern.
Appelle auch von vielen weiteren zivilgesellschaftlichen Initiativen
Auch die Amadeu Antonio Stiftung, die Initiative "Das Nettz" und das Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement (BBE) fordern in ähnlich lautenden offenen Briefen an die Bundesregierung die Arbeit für zivilgesellschaftliche Projekte zu sichern. "Beratungsangebote für Opfer rechter Gewalt und für Antisemitismusbetroffene, Mobile Beratung als Unterstützung für Kommunalpolitik und Zivilgesellschaft, die bundesweiten Kompetenznetzwerke der Bildungs- und Vernetzungsarbeit zu Rassismus und Diskriminierung, Projekte der Deradikalisierungs- und Ausstiegsarbeit sowie die kommunalen Partnerschaften für Demokratie stehen vor dem Aus", schreibt die Amadeu Antonio Stiftung in ihrer Pressemitteilung. "Das Netzz" befürchtet "das Sterben einer zivilgesellschaftlichen Landschaft, die sich seit Jahren überall in diesem Land für die Stärkung und Verteidigung der Demokratie, die Förderung von Medienbildung und Medienkompetenz, für Vielfalt sowie gegen digitale Gewalt und Desinformation engagiert." Und das BBE stellt heraus: "Menschen, die auf Unterstützung gezählt haben, kann nicht mehr geholfen werden. Engagierte werden nicht adäquat bei ihren anspruchsvollen Aufgaben begleitet. Mühevoll und jahrelang aufgebaute Strukturen der Zivilgesellschaft bluten aus. Gemeinnützige Organisationen verlieren ihre Fachkräfte. Zivilgesellschaft wird damit umfassend gefährdet." Zahlreiche weitere Einrichtungen haben die Appelle der beiden Initiativen unterschrieben.