Quelle: EKD
Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, hat zu Beginn des Festjahres 1.700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland Christen zum Engagement gegen Judenhass aufgerufen. "Es ist in diesen Zeiten eines wachsenden Antisemitismus von großer Bedeutung, dass sich die Kirchen gemeinsam mit der Zivilgesellschaft in einer möglichst breiten Allianz für jüdisches Lebens solidarisch starkmachen und im Kampf gegen Judenfeindschaft engagieren", sagte Bedford-Strohm in einem Statement, das am Freitag von der EKD veröffentlicht wurde.
Das Festjahr ist ebenfalls eine hervorragende Gelegenheit, das Thema „Jüdisches Leben in Deutschland“ im Rahmen der Interkulturellen Woche (IKW) noch weiter sichtbar zu machen.
Wir dokumentieren das Statement hier im Wortlaut:
Seit mehr als 1700 Jahren leben jüdische Menschen in Deutschland. Sie kamen zusammen mit den Römern hierher als Gewerbetreibende und Lehrer, als Sklaven, aber auch als freie Bürger in einer Zeit als die Christianisierung der Germanen kaum erst begonnen hatte. Köln gilt als die älteste jüdische Gemeinde nördlich der Alpen. Ein Gesetz des Kaisers Konstantin aus dem Jahr 321, das an die Kölner Stadträte gerichtet ist, gilt als frühester Beleg und Anlass für das diesjährige Jubiläum.
Jüdische Menschen und jüdische Gemeinden haben das Leben in unserem Land trotz vielfacher Anfeindungen, die sie erdulden mussten, über viele Jahrhunderte auf vielfältige Weise geprägt und bereichert. Trotzdem wissen die meisten Bürgerinnen und Bürger in Deutschland nur sehr wenig über den Reichtum und die Vielfalt jüdischen Lebens und seiner Geschichte hierzulande. Antisemitische Klischees und Verleumdungen sind präsenter als ein lebendiges Wissen über das Judentum oder gar persönliche Begegnungen mit Jüdinnen und Juden.
"Die besten und wirksamsten Mittel gegen Vorurteile und Judenhass sind immer noch Aufklärung, Begegnung und Dialog."
Ich bin deshalb sehr dankbar für das Festjahr "2021 Jüdisches Leben in Deutschland" mit
seinem Ziel, jüdische Kultur und Religion in unserem Land sichtbarer und erlebbar zu machen, nicht zuletzt um damit auch dem erstarkenden Antisemitismus etwas entgegenzusetzen. Denn dass es heute, nach 1945 noch bzw. wieder jüdisches Leben in Deutschland gibt, ist alles andere als selbstverständlich. Die besten und wirksamsten Mittel gegen Vorurteile und Judenhass sind immer noch Aufklärung, Begegnung und Dialog.
Die Evangelische Kirche in Deutschland beteiligt sich an diesem Festjahr gemeinsam mit landeskirchlichen, ökumenischen und jüdischen Partnern in Form der gemeinsamen Kampagne #beziehungsweise – jüdisch-christlich näher als du denkst! Diese Aktion macht auf niederschwellige Weise sehr eingängig klar, wie wichtig und wie eng die Beziehung zwischen Christentum und Judentum ist. Dabei wird nicht darüber hinweggesehen, dass wir Christ*innen unseren Anteil an der Judenfeindschaft in Geschichte und Gegenwart haben. In der Gegenüberstellung christlicher und jüdischer Bräuche und Feste wird in einer breit angelegten Plakataktion auf sehr elementare Weise Gemeinsames und Unterscheidendes deutlich und begreifbar. Ergänzend dazu gibt es viele weiterführende Angebote und Materialen im Internet. In der Verbindung analoger und digitaler Formate funktioniert das auch unter Bedingungen der Corona-Pandemie.
"Es muss deutlich werden, dass Antisemitismus eine Sünde ist."
Es ist in diesen Zeiten eines wachsenden Antisemitismus von großer Bedeutung, dass sich die Kirchen gemeinsam mit der Zivilgesellschaft in einer möglichst breiten Allianz für jüdisches Lebens solidarisch stark machen und im Kampf gegen Judenfeindschaft engagieren. Es muss deutlich werden und im Bewusstsein von Gemeinden und Gesellschaft verankert werden, dass Antisemitismus eine Sünde und in allen Facetten mit christlichem Glauben und einer freiheitlichen Gesellschaft unvereinbar ist.
Ich wünsche daher dem jetzt beginnenden Festjahr eine große öffentliche Aufmerksamkeit sowie Erfolg und Gottes Segen bei der Durchführung der über tausend geplanten Veranstaltungen. Und ich freue mich selbst darauf, dabei das Judentum in Deutschland noch besser kennen zu lernen.