Quelle: www.ekd.de
Das Gemeinsame Wort der Deutschen Bischofskonferenz und der Evangelische Kirche in Deutschland steht auf der Grundlage und in der Nachfolge des Gemeinsamen Wortes „Demokratie braucht Tugenden“ aus dem Jahr 2006.
Der Text thematisiert die Gefahr einer Vertrauenskrise der Demokratie in Deutschland und Europa und richtet sich gegen ein Erstarken populistischer sowie anti-demokratischer Kräfte. Ziel des Textes ist es, wahrgenommene Probleme anzusprechen und zugleich deutlich zu machen, dass die Kirchen bereit sind, an Lösungen dieser Herausforderungen mitzuwirken. Das Selbstverständnis der Kirchen, zu dem auch der Auftrag gehört, sich in und für die Gesellschaft zu engagieren, ist der Antrieb für die in dem Gemeinsamen Wort angestellten Überlegungen zum politisch notwendigen Handeln.
Der Vorsitzende der Kommission für gesellschaftliche und soziale Fragen der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Franz-Josef Overbeck (Essen), verwies darauf, dass Vertrauen in die Demokratie nichts Selbstverständliches sei. Er betonte: „Es braucht die Einhaltung ungeschriebener Voraussetzungen der Demokratie in Form einer demokratischen Sittlichkeit. Dies umfasst wesentlich den Respekt des jeweils anderen, die Anerkennung demokratischer Spielregeln, eine Bereitschaft zum Kompromiss sowie die Akzeptanz von Mehrheitsentscheidungen, selbst wenn man anderer Meinung ist.“ Wer verantwortlich handle, so Bischof Overbeck, stärke Vertrauen. Dies gelte sowohl im nationalen als auch im europäischen Kontext: „Wir Kirchen in Deutschland stehen ein für ein multilaterales, subsidiär geordnetes Europa, das solidarisch auf den Ausgleich der verschiedenen Interessen hinwirkt. Wir verstehen Europa nicht nur als Union von Staaten oder als wirtschaftliche Kooperation von Unternehmen. Vielmehr ist das Friedensprojekt Europa für uns eine Union der Bürgerinnen und Bürger, die für unser gemeinsames europäisches Haus Verantwortung übernehmen.“
Der Vorsitzende der Kammer für Öffentliche Verantwortung der EKD, Reiner Anselm (München), betonte, dass die Kirchen zu einer lebendigen Demokratie beitragen möchten. „Wir sehen eine wichtige Aufgabe als Kirchen darin, für eine vitale Kultur des Christentums und einen lebendigen Glauben als Stützen der Demokratie zu werben. Die Botschaft von der Versöhnung motiviert dazu, einander als Gleichberechtigte anzuerkennen und immer wieder nach Kompromissen zu suchen. Wir sind überzeugt, dass eine lebendige Glaubenspraxis auch maßgeblich dazu beiträgt, die Demokratie als Ordnung der Freiheit lebendig bleiben zu lassen.“ Anselm erläuterte die Genese des Textes. Insbesondere werden vier Themenkreise berücksichtigt, die Herausforderungen für den demokratischen Konsens in unserer Gesellschaft bzw. für die demokratischen Prozesse und Institutionen darstellen: (1) Globalisierung, (2) wirtschaftliche Ungleichheit, (3) Migration und (4) Digitalisierung. Im Hinblick auf die vielfältigen politischen Herausforderungen in Deutschland und Europa bekennen sich die beiden Kirchen ausdrücklich zu ihrer Mitverantwortung für unsere Demokratie als politische Lebensform der Freiheit.
Zum Hintergrund:
Anfang 2017 haben die Deutsche Bischofskonferenz und der Rat der EKD die Kommission für gesellschaftliche und soziale Fragen und die Kammer für Öffentliche Verantwortung beauftragt, zehn Jahre nach dem Erscheinen des Gemeinsamen Wortes „Demokratie braucht Tugenden“ ein neues Gemeinsames Wort zur Demokratie zu erstellen. Eine Ökumenische Arbeitsgruppe aus 14 Experten hat unter der Leitung der Vorsitzenden von Kommission und Kammer, Bischof Franz-Josef Overbeck und Reiner Anselm den Text erarbeitet. Der Ständige Rat der Deutschen Bischofskonferenz und der Rat der EKD haben den Text Anfang 2019 verabschiedet.