Quelle: DeZIM
Der Effekt zeigte sich im Vergleich mit Nicht-Teilnehmenden schon bald nach Kursbeginn und war nach 18 Monaten besonders deutlich. Das fand ein internationales Forschungsteam mit DeZIM-Beteiligung heraus.
Wie effektiv sind Integrationskurse für die Eingliederung Geflüchteter in den Arbeitsmarkt? Diese Frage stellt sich nicht nur in Hinblick auf Phasen mit vermehrter Fluchtmigration und den wachsenden Arbeitskräftemangel, sondern auch wegen der zuletzt diskutierten Kürzungen in diesem Bereich. Im Haushaltsentwurf für 2025 waren nur noch rund 500 Millionen Euro für die Sprachförderung vorgesehen – halb so viel wie bislang. Ob die nächste Bundesregierung diese Strategie zurücknimmt, ist fraglich. Eine Studie von Forschern in Deutschland, Großbritannien und den USA deutet jedoch darauf hin, dass hier an der falschen Stelle gespart würde.
Integrationskurse haben einen deutlichen Einfluss auf die Beschäftigungsquote Geflüchteter. Unterschiede zwischen Teilnehmenden und Nicht-Teilnehmenden zeigten sich bereits wenige Monate nach Kursbeginn und waren nach 18 Monaten besonders deutlich. Das zeigt eine Untersuchung von Dr. Niklas Harder, Co-Leiter der Abteilung Integration am Deutschen Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung, in Zusammenarbeit mit Forschern des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB) und des Immigration Policy Lab (IPL) an der Stanford University und der ETH Zürich. Integrationskurse bestehen in Deutschland seit 2005, werden vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) gefördert und von privaten und öffentlichen Trägern angeboten.
Mit der Studie liegen nun erstmals Erkenntnisse zur Wirksamkeit von Sprachkursen hinsichtlich der Arbeitsmarktintegration vor. Erfasst wurden alle Arten von Beschäftigungen. Der Haupteffekt der Integrationskurse ergibt sich aber aus sozialversicherungspflichtigen Jobs, die Teilnehmende im Verlauf von knapp zwei Jahren nach Kursbeginn angenommen hatten.
Besonders eindrücklich ist dabei der Vergleich mit den "Deutsch-Einstiegskursen", die Ende 2015 auf dem Höhepunkt der Fluchtmigration von der Bundesagentur für Arbeit (BA) rasch aufgesetzt wurden und weniger umfangreich und strukturiert waren. So konnten die Forscher hier keinen Unterschied zwischen den Beschäftigungsquoten von Teilnehmenden und Nicht-Teilnehmenden feststellen – auch fast zwei Jahre nach Kursbeginn nicht.
"Es hat uns sehr überrascht, dass die Ad-hoc-Kurse Ende 2015 keinen Einfluss auf den Jobeinstieg von Geflüchteten hatten. Doch unsere Ergebnisse zeigen auch, dass Sprachkurse sehr wohl positiv auf die Beschäftigungsquote einwirken können. Hierbei kommt es aber auf die Qualität und Intensität an, wie der Effekt von Integrationskursen zeigt. Wenn dort nun gekürzt werden soll, muss allen klar sein: Gute, über längere Zeit gewachsene Angebote lassen sich im Bedarfsfall nicht einfach so reaktivieren. Und mit den bisherigen Soforthilfe-Kursen ist zumindest kein kurz- oder mittelfristiger Effekt für die Eingliederung auf dem Jobmarkt zu erwarten." Dr. Niklas Harder, Co-Autor und Co-Leiter der Abteilung Integration
Zentrale Ergebnisse
• Deutsch-Einstiegskurse (angeboten von Oktober bis Dezember 2015) hatten keinen messbaren Einfluss auf die Beschäftigungsquote Geflüchteter.
• Bei Teilnehmenden von Integrationskursen (angeboten seit 2005) zeigte sich 12 Monate nach Kursbeginn eine um 4,4 Prozentpunkte höhere Beschäftigungsquote als bei Nicht-Teilnehmenden (12 Prozentpunkte nach 18 Monaten).
• Die unterschiedliche Wirksamkeit der Kurstypen ist möglicherweise auf strukturelle Unterschiede zwischen Deutsch-Einstiegskursen und Integrationskursen zurückzuführen: 320 statt 600 Unterrichtsstunden, fehlende Vorgaben statt standardisierter Lehrpläne, kein Nachweis statt Abschlusszertifikat.
Hintergrund
Der Vergleich zwischen beiden Kursmodellen wurde möglich durch die besondere Situation, die sich in Deutschland 2015 mit der hohen Zahl ankommender Geflüchteter ergab. Der Bedarf nach Sprachkursen stieg stark an und konnte durch die Integrationskurse des BAMF nicht gedeckt werden. Die BA reagierte mit kurzfristig finanzierten Sprachkursen, den Deutsch-Einstiegskursen. Sie richteten sich nur an Geflüchtete aus Syrien, Irak, Iran und Eritrea und konnten lediglich im Zeitraum von Oktober bis Dezember 2015 begonnen werden. 38 Prozent der Berechtigten nahm das Angebot wahr. Wer ab Januar 2016 als geflüchtete Person nach Deutschland kam, konnte nicht mehr an den Ad-hoc-Kursen teilnehmen, wohl aber an den weiterhin bestehenden Integrationskursen. Für die Studie analysierten die Forscher des DeZIM-Instituts, des IAB und des IPL Daten von Geflüchteten aus den genannten vier Ländern, die zwischen Juni 2015 und Juni 2016 in Deutschland ankamen.