Quelle: Brot für die Welt / Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO)
Heute - ausgerechnet am Weltflüchtlingstag - diskutiert die Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) mit Bundeskanzler Olaf Scholz darüber, ob Asylverfahren und Flüchtlingsschutz an Staaten außerhalb der EU ausgelagert werden können. Grundlage der Diskussion ist ein Zwischenbericht des Bundesinnenministeriums. Brot für die Welt, Diakonie Deutschland und Evangelische Kirche in Deutschland fordern die MPK auf, den Auslagerungsplänen eine klare Absage zu erteilen.
"Die Pläne, Asylverfahren an Drittstaaten auszulagern, sind unsolidarisch und menschenrechtlich bedenklich."
Dagmar Pruin, Präsidentin von Brot für die Welt
"Die Pläne, Asylverfahren an Drittstaaten auszulagern, sind unsolidarisch und menschenrechtlich bedenklich", sagt Dagmar Pruin, Präsidentin von Brot für die Welt. "Zudem sind sie realitätsfremd. Berichte unserer internationalen Partnerorganisationen legen nahe, dass Deutschland keine Länder finden wird, die zur Aufnahme einer größeren Anzahl von Geflüchteten aus Europa bereit sind." Mit Blick auf die neuen Höchstwerte – laut UN sind derzeit 120 Millionen Menschen weltweit auf der Flucht – ergänzt Pruin:"Die globalen Herausforderungen im Flüchtlingsschutz werden immer größer. Die Antwort darauf kann nicht lauten, sich schrittweise aus dem Flüchtlingsschutz zurückzuziehen. Anstatt viel Zeit und Geld in die Umsetzung unrealistischer und gefährlicher Modelle zu investieren, sollten diese Mittel dazu verwendet werden, um Flüchtende weltweit zu unterstützen – in den Erstaufnahmeländern ebenso wie in Deutschland."
"Wir stehen fest zur unbedingten Achtung der Menschenwürde und zum Recht auf Asyl in Deutschland."
Diakonie-Präsident Rüdiger Schuch
Das bestätigt auch Diakonie-Präsident Rüdiger Schuch: "Als Organisation, die sich für den Flüchtlingsschutz in Deutschland einsetzt, wissen wir, dass Aufnahme und Integration auch in herausfordernden Zeiten gut funktionieren, wenn wir alle an einem Strang ziehen. Wir stehen fest zur unbedingten Achtung der Menschenwürde und zum Recht auf Asyl in Deutschland. Das bedeutet, dass wir schutzbedürftigen Menschen hier Schutz gewähren und diese Verantwortung nicht auf außereuropäische Drittstaaten abwälzen. Wir wollen auch weiterhin durch die tägliche Arbeit unserer Migrationsfachdienste unseren Beitrag zu einer Willkommenskultur leisten und schutzbedürftigen Menschen das Ankommen, das Fußfassen, den Spracherwerb und die Integration in den Arbeitsmarkt erleichtern."
"Als Christ:innen können wir nicht anders, als uns für politische Lösungen einzusetzen, die die Menschenwürde und Menschenrechte zum Maßstab nehmen."
Anna-Nicole Heinrich, Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland
Anna-Nicole Heinrich, Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland, verdeutlicht: "In jedem Menschen in Not, in allen Geflüchteten dieser Welt begegnet uns Christus. Sich der eigenen Verantwortung für notleidende Menschen zu entziehen, indem man die Aufgabe anderen, ärmeren Staaten aufbürdet, ist unverantwortlich, unrechtmäßig und dazu unrealistisch. Es schafft das Flüchtlingsrecht de facto ab. Der individuelle Zugang zum Flüchtlingsschutz ist eine wertvolle gemeinsame Errungenschaft – aus der bitteren Erfahrung des Zweiten Weltkriegs und der Shoah. Weltweit glauben Christinnen und Christen an einen Gott, der als Flüchtlingskind zur Welt kam und uns sagt: ‚Was ihr einem meiner geringsten Geschwister getan habt, das habt ihr mir getan‘ (Mt 25,40). Als Christ:innen können wir nicht anders, als uns für politische Lösungen einzusetzen, die die Menschenwürde und Menschenrechte zum Maßstab nehmen. Abschottung, Ausgrenzung und Entrechtung muss eine klare Absage erteilen werden."
"Die Zuversicht und die Selbstverständlichkeit, mit der Helferinnen und Helfer sich für Geflüchtete einsetzen, beeindruckt mich tief."
Christian Stäblein, EKD-Beauftragter für Flüchtlingsfragen
In einem eigenen Statement erinnert Christian Stäblein, Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO) und EKD-Beauftragter für Flüchtlingsfragen, die Schicksale geflüchteter Menschen im Blick zu behalten – und dankt allen Menschen, die sich für die Rechte und die Würde von Geflüchteten einsetzen:
"Der Weltflüchtlingstag erinnert uns in diesem Jahr in besonderer Weise daran, wie viele Menschen vor Gewalt, Krieg, Verfolgung oder auch der Klimakatastrophe fliehen müssen. 120 Millionen Menschen weltweit sind auf der Flucht – so viele Menschen wie nie zuvor. Sie alle haben Namen und Gesicht. Es sind Frauen und Männer, Kinder und Jugendliche. Sie alle sind Teil der großen Familie Mensch, sie alle haben von Gott dieselbe unantastbare Würde geschenkt bekommen. Wir können nur erahnen, welche Verzweiflung und Not zu ihrem Weg gehört – und wie viele Menschen buchstäblich auf der Strecke bleiben, verdursten oder ertrinken. Erst vorgestern ist wieder ein Boot auf dem Mittelmeer gekentert und mehr als 60 Menschen starben.
Ich denke heute aber auch an alle Menschen, die die Rechte und Würde von Schutzsuchenden verteidigen – ob im Kirchenasyl oder in der Seenotrettung, im Integrationsprojekt oder Sprachcafé. Die Zuversicht und die Selbstverständlichkeit, mit der Helferinnen und Helfer sich für Geflüchtete einsetzen, beeindruckt mich tief. Ihre Mitmenschlichkeit schenkt Hoffnung – und zeigt, wie wir alle beitragen können, Nächstenliebe und Solidarität zu leben."
Hinweis:
Andreas Grünewald, Migrationsexperte bei Brot für die Welt, war bei einer Anhörung des Bundesinnenministeriums zum Thema als Sachverständiger eingeladen. Seine – auch auf Stimmen von afrikanischen Partnerorganisationen basierende – Stellungnahme finden Sie hier.