Quelle: Mediendienst Integration
Mit einer zielgerichteten Ansprache ließen sich noch viele weitere Menschen mit Migrationshintergrund von einer Impfung gegen Corona überzeugen. Das legt eine neue Untersuchung des Robert Koch-Instituts nahe, die bei einem Pressegespräch des Mediendienst Integration vorgestellt wurde. Die Impfbereitschaft von den ungeimpften Befragten mit Migrationshintergrund ist signifikant höher als bei denen ohne Migrationshintergrund.
Die Impfquote liegt unter Menschen mit Einwanderungsgeschichte rund acht Prozentpunkte unter der von Menschen ohne Migrationshintergrund, fand die Studie heraus. Bei den Menschen mit Migrationsgeschichte gaben etwa 84 Prozent an, mindestens einmal geimpft zu sein, unter den Befragten ohne Migrationshintergrund waren es 92 Prozent. Etwa 2.000 Personen haben die Forscher*innen für die Studie befragt – rund die Hälfte von ihnen hatte einen Migrationshintergrund.
Entscheidender als der Migrationshintergrund sind laut RKI die Sprachkenntnisse der Befragten. Bei Personen, die wenig oder kein Deutsch sprechen, liegt die Impfquote bei 75 Prozent. Bei Befragten mit sehr guten Deutschkenntnissen oder Deutsch als Muttersprache waren es 92 Prozent. Weitere Faktoren, die die Impfquote beeinflussen, sind Einkommen, Bildungsniveau und Alter der Menschen. Das gilt sowohl für Menschen mit als auch ohne Migrationshintergrund.
Diskriminierungserfahrungen wirken sich ähnlich wie Sprachbarrieren negativ auf die Impfbereitschaft von Personen mit Einwanderungsgeschichte aus, fand die Untersuchung heraus. Auch Falschinformationen, die in manchen Einwanderer*innen-Communities kursieren, würden zu weniger Impfungen führen. Die seien unter Personen mit Migrationsgeschichte weiter verbreitet, so die Studie.
Zugang zu Informationen ist entscheidend
Die Ergebnisse der RKI-Studie decken sich mit Erkenntnissen anderer Untersuchungen. Einer Studie des "Covid-19 Snapshot Monitoring" in Erfurt zufolge haben Ungeimpfte im Durchschnitt häufiger einen Migrationshintergrund, sind zudem jünger und leben eher in Ost- als in Westdeutschland.
Eine Studie der Universität Bielefeld zur Gesundheitskompetenz von Menschen mit Migrationshintergrund bestätigt, dass viele Personen mit postsowjetischem und türkischem Migrationshintergrund oftmals nicht wissen, welche Impfungen sie oder ihre Familien benötigen. Unsicherheit bei Impfungen geht sehr oft mit Sprachbarrieren einher, wie auch eine Untersuchung der Technischen Universität München unter türkeistämmigen Personen am Anfang der Impfkampagne bestätigt hat.
Eine direkte Korrelation zwischen einem hohen Migrant*innen-Anteil in einer Region und niedrigen Impfquoten gibt es hingegen nicht, wie eine Daten-Auswertung des MEDIENDIENSTES zeigt. Oftmals sind es Orte, in denen wenige Ausländer*innen wohnen, die die niedrigste Zahl der Impfungen aufweisen.
Kampagnen müssen auf Zielgruppen abgestimmt werden
Der Abbau von Sprachbarrieren und ein besserer Zugang zu Informationen rund um das Thema Prävention sind entscheidend für erfolgreiche Impfkampagnen – besonders, wenn sich diese an Einwanderer*innen richten. Das hat ein internationales Forschungsteam bereits Anfang 2021 festgestellt. Obwohl die Weltgesundheitsorganisation WHO schon zu Beginn der Pandemie Einwanderer*innen als besonders vulnerable Gruppe bezeichnet hatte, sei mehrsprachiges Infomaterial in den meisten europäischen Ländern, Kanada und den USA erst nach der ersten Infektionswelle veröffentlicht worden.
Von Nikolas Schäfer, Fabio Ghelli und Joe Bauer (Datenanalyse und Grafik)