Die Thematisierung von Antiziganismus hat gesellschaftliche Brisanz und Relevanz - nicht nur wegen der rechtsextremen Gefahr, die uns etwa die Vorfälle in Hanau und München gezeigt haben. Auch das fehlende Bewusstsein und die Anerkennung für Antiziganismus in der Mitte der Gesellschaft, und die daraus folgenden Auswirkungen auf die Betroffenen sind Gründe, welche die Dringlichkeit aufzeigen, warum sich mehr Menschen mit dem Thema beschäftigen sollten.
Antiziganismus drängt Angehörige dieser Gruppen in die Anonymität. Sie hindert an Partizipation und interkulturellem Austausch, verhindert zwischenmenschliche Begegnung auf Augenhöhe.
Auch im Rahmen der Interkulturellen Woche geht es darum, für eine freie Gesellschaft einzutreten, die es allen ermöglicht, in einem pluralistischen Land zu leben, in dem jede und jeder zur eigenen Herkunft stehen darf, ohne dadurch benachteiligt zu werden. Ziel ist eine Gesellschaft verschiedener Kulturen und Identitäten, verschiedener Musikstile und Glaubensrichtungen, verschiedener Farben und Geschlechter und Menschen allen Alters. Um das zu erreichen, müssen wir für Vielfalt und Demokratie einstehen und gegen Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit angehen.
Wir wollen uns im Workshop über Ressourcen und Tätigkeitsfelder für nachhaltige Antiziganismus-Arbeit austauschen und diese erschließen sowie erfolgreiche, tragfähige Kooperationen und Best-Practice-Modelle, Solidaritäten und Allianzen vorstellen.
Die Referierenden:
- Mo Asumang wurde 1996 mit der wöchentlichen Sendung „Liebe Sünde“ Deutschlands erste afrodeutsche TV Moderatorin. Seitdem arbeitet sie außerdem als Produzentin, Regisseurin, Schauspielerin und Dozentin. In den vergangenen Jahren widmete sich Asumang vor allem dem Thema Rassismus und Integration. Auslöser dafür war eine Morddrohung der Neonaziband „White Aryan Rebels“, die in einem Lied sangen „Die Kugel ist für Dich, Mo Asumang“. Dieser Schock inspirierte sie zu einer filmischen Spurensuche nach Ihrer Identität als Schwarze Deutsche (“Roots Germania”). Mit dem Film „Die Arier“ tourt Mo Asumang seit Jahren durch Schulen und kommt mit Jugendlichen ins Gespräch über Rassismus. Auch die Interkulturelle Woche prägt Mo Asumang seit Jahren an unterschiedlichsten Orten als kompetente und offene Gesprächspartnerin.
- Patricia Pienka ist Historikerin, Sinteza und ehemalige Mitarbeiterin der Stiftung „Denkmal für die ermordete Juden Europas“ der Humboldt Universität Berlin. Sie arbeitete zum ehemaligen Zwangslager für Sinti und Roma in Berlin-Marzahn. Die Studie dazu erschien 2013 in erweiterter Ausgabe im Metropol Verlag in Berlin. Ihr Schwerpunkt ist die Recherche, Erprobung und Gestaltung von Methoden zur außerschulischen Bildungsarbeit zum Thema Antiziganismus. Ergebnisse dieser Arbeit erschienen als Publikation im Methodenhandbuch zum Thema Antiziganismus.
- Francesco Arman ist Stadtrat in Gießen, Pädagoge für frühkindliche Bildung, Betriebsratsmitglied und Vorsitzender des „Studierendenverbandes der Sinti und Roma in Deutschland“.
- Radoslav Ganev ist Politikwissenschaftler, Gründer von RomAnity und Geschäftsführer des Studierendenverbandes der Sinti und Roma in Deutschland. Er arbeitete in den vergangenen sechs Jahren mit Geflüchteten und betreute viele Familien mit Roma-Hintergrund aus dem Westbalkan. Radoslav Ganev ist selbst Rom aus Bulgarien und engagiert sich für eine differenzierte Darstellung und Berichterstattung über die Minderheitengruppe.
Moderation:
Dotschy Reinhardt ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma in Heidelberg. Sie engagiert sich seit Jahren gegen die Diskriminierung von Sinti und Roma und tritt für die Gleichberechtigung der Minderheit ein. Zudem ist Dotschy Reinhardt als erfolgreiche Musikerin mit vier veröffentlichen Alben und Autorin zweier Bücher seit Jahren ein fester Teil der deutschen Kulturlandschaft.