Markus Kaes entwirft mit seiner Agentur Morgenstern & Kaes seit fast zehn Jahren Motive für die Interkulturelle Woche und hat mit seinen Kolleg*innen auch das "Auge" entwickelt, das zum dauerhaften Logo der Aktionswoche geworden ist. Im Interview spricht er darüber, wie sich seine Arbeit für die IKW über die Jahre verändert hat, wie er immer wieder einen neuen Zugang zu ähnlichen Themen findet – und er gibt Tipps für die Gestaltung von Programmheften und -flyern.
Wie ist das IKW-Auge entstanden, wie kamen Sie auf die Idee?
Das war zunächst einer von vielen Motiv-Vorschlägen und war ursprünglich also gar nicht als Logo geplant. Der Gedanke dahinter ist, dass das Auge zwei Blickrichtungen hat: Zum einen sehe ich jemandem ins Auge, wenn ich ihn oder sie anspreche, wenn ich den Menschen neu kennenlerne. Im Auge erkenne ich Reaktionen und Emotionen. Die Augenfarbe prägt ein Gesicht und dessen Ausdruck sehr stark. Gleichzeitig ist das Auge die Instanz, mit der ich selbst meine Umwelt wahrnehme, mit der ich meine Umgebung erlebe. So kam auch der Farbfächer in unserem Entwurf zustande.
Ihre Agentur entwirft seit fast zehn Jahren Plakate für die Interkulturelle Woche. Was reizt Sie daran, für eine Initiative wie die IKW zu arbeiten?
Seit es unsere Agentur gibt, haben wir schon immer eine Mischung aus Kunden aus der Wirtschaft und aus dem sozialen Bereich, etwa der Kirche. Dieses Themenfeld hat uns immer gereizt, und durch unsere Arbeit etwa für die Diakonie oder Brot für die Welt waren uns die entsprechenden Themen bekannt. Es ist uns auch eine Herzenssache, nicht nur Werbung für die Wirtschaft zu machen, sondern auch gesellschaftlich relevante Themen immer wieder auf dem Tisch zu haben.
Was hat sich Ihrer Meinung nach in den vergangenen zehn Jahren in Ihrer Arbeit in Bezug auf die IKW geändert?
Wenn man auf die Motive zurückblickt, war vor zehn Jahren alles noch etwas spielerischer und leichter. Die IKW war in dem Sinne in der Zivilgesellschaft verankert, dass die Betonung auf "Gemeinsam leben, gemeinsam feiern" lag – in einem sehr positiven Sinne. Über die Jahre sind die Bezüge in den Motiven deutlich politischer geworden und nehmen klarer auf politische Ereignisse Bezug oder auf die Form, wie Politik in der Öffentlichkeit diskutiert wird. Und ich erwarte, dass das auch so weitergeht.
"Man kann auch konkrete Themen mit abstrakten Motiven kommunizieren."
Heißt das, es ging bei der Gestaltung vom eher Abstrakten hin zum Konkreten?
Nicht unbedingt. Man kann auch konkrete Themen mit abstrakten Motiven kommunizieren. Etwas verallgemeinert gesprochen, haben wir früher eher über ein buntes, gemeinsames, fröhliches miteinander Feiern gesprochen. Heute sprechen wir auch darüber, wie das Thema Flucht oder Rassismus in der Öffentlichkeit diskutiert und reflektiert wird und wie notwendig es ist, dazu Stellung zu beziehen.
Die Inhalte der IKW sind jedes Jahr ähnlich. Wie finden Sie als Kreativer da immer einen neuen Zugang?
Das ist eigentlich sehr einfach. Denn selbst wenn es bei den Themen über die Jahre eine gewisse Konstanz gibt, so ändert sich das Umfeld ständig – etwa, wie sich der Tonfall in öffentlichen Diskussionen verändert, welche Aspekte gerade jetzt besonders relevant sind und welche vielleicht gerade etwas in den Hintergrund treten. So gibt es für uns immer neue Möglichkeiten, Zugänge zu finden. Auch die "Lautstärke", in der wir in den Motiven sprechen wollen, ist abhängig vom jeweiligen gesellschaftlichen Klima.
"Manchmal ist es überraschend, was jemand aus unserem Motiv entwickelt."
Die Kommunen und Landkreise veröffentlichen jedes Jahr ihre eigenen Programmhefte und -flyer. Was sollte man bei der Gestaltung beachten?
Wir empfehlen immer, die jeweiligen Motive der Interkulturellen Woche genau so weiterzuveröffentlichen. Denn wenn ich dasselbe Signal fünfmal sehe, dann prägt es sich draußen eher ein, als wenn ich es fünfmal ganz anders oder nur so ähnlich sehe, etwa mit anderen Bildern oder Formulierungen. Es tut der Sache also gut, wenn ein Motiv so bleibt, wie es ist.
Es gibt aber auch Veranstaltende, die sich nicht daran halten.
Manchmal entsteht da eine kreative Eigendynamik bei den Leuten, die mit den Motiven arbeiten. Da müssen wir als "Ausdenker" auch mal schlucken, aber wir wollen das gar nicht unterdrücken. Und manchmal ist es für uns tatsächlich überraschend, was jemand aus unserem Motiv entwickelt. Darum würde ich auch vorsichtig sein, hier zu stark zu bremsen und den Veranstaltenden vor Ort zu sagen: "Bitte nur so verwenden und nicht anders". Damit würde man einen großen Teil dieser kreativen Kraft abwürgen – und das wäre sehr schade.
Und was sollte man absolut vermeiden beim Layout?
Da gelten die üblichen Spielregeln für jede Art von Kommunikation und Gestaltung: Immer an den denken, der das nachher lesen soll und erst im zweiten Schritt an den, der es herausgibt. Ich muss mir vorher überlegen, was meine Adressatinnen und Adressaten wissen wollen, wofür sie sich interessieren, welche Antworten sie suchen. Und wie kann ich das, was es zu kommunizieren gilt, so aufarbeiten, dass es klar und verständlich ist und man es sich auch gerne anschaut. Man muss sich eigentlich nur fragen: Was spricht mich selbst an? Welche anderen Programmhefte lese ich gerne und welche nur deswegen, weil mich der Inhalt interessiert, obwohl sie so schrecklich aussehen?
"Es wird uns auch in zehn Jahren noch beschäftigen, das Miteinander der Menschen zu kultivieren, zu organisieren und zu verbessern."
Haben Sie einen Tipp, wie man sich vor gestalterischen Stereotypen wie den allseits bekannten bunten Stiften oder Fäden oder den ineinandergreifenden Händen unterschiedlicher Hautfarben schützen kann?
Das kann man eigentlich nicht. Jeder, der mit dieser Aufgabe anfängt, muss erst durch dieses Tal durch. Das ging uns zu Beginn genauso. Man denkt natürlich zunächst einmal an die naheliegenden Dinge. Unterschiedliche Farben, unterschiedliche Hautfarben und so weiter. Wir machen das ja nun schon ein paar Jahre und sind daher immer wieder aufgefordert, weiterzudenken und uns etwas anderes einfallen zu lassen. Und irgendwann verlässt man diese Stereotypen und findet überraschendere Motive.
Wo steht die IKW in zehn Jahren?
Die Interkulturelle Woche und die ganze Arbeit, die dahintersteht, wird auch in zehn Jahren noch notwendig sein. Es wird uns auch dann noch beschäftigen, das Miteinander der Menschen zu kultivieren, zu organisieren und zu verbessern. Das war schon vor 20 Jahren so. Wir werden andere Themen diskutieren, weil sich bis dahin auch viele Rahmenbedingungen verändert haben werden. Aber es wird immer etwas zu tun geben. In zehn Jahren werden noch viel mehr Menschen zu uns gekommen sein, denn wir leben in einer Weltgesellschaft. Dann wird es auch keine Frage mehr sein, ob man das mag oder nicht – es wird einfach so sein.
Steffen Blatt arbeitet in der Geschäftsstelle des Ökumenischen Vorbereitungsausschusses zur Interkulturellen Woche und ist dort vor allem für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig.
Kontakt: s.blatt@interkulturellewoche.de