Die Apostelgeschichte berichtet vom Aufenthalt des Völkerapostels Paulus in der Metropole Athen. Bevor er vom Glauben an Jesus Christus spricht, erkundet Paulus die Stadt und ihre Heiligtümer. Dabei stößt er auf einen Altar mit der Aufschrift »Einem unbekannten Gott« (Apg 17,23). An dieses Wort der Offenheit für die noch nicht erkannte göttliche Wirklichkeit knüpft Paulus in seiner Predigt an. Er verkündet den Gott Jesu Christi als den Schöpfergott, als Vater, der alle Menschen über ihre verschiedene Herkunft und Tradition hinweg verbindet. Paulus betont nicht das Trennende, sondern das Gemeinsame und Verbindende. Er spricht von »uns« und von »wir«. Und er fährt fort: »Keinem von uns ist Gott fern. Denn in ihm leben wir, bewegen wir uns und sind wir« (Apg 17,27).
Damit ist die entscheidende christliche Grundhaltung für das gelingende Zusammenleben von Menschen verschiedener Nationalität, Religion und kultureller Prägung formuliert. Über alle Differenzen hinweg steht die in Gott gründende Gleichheit und Verbundenheit im Vordergrund.
Das christliche Welt- und Menschenbild widerspricht damit allen Theorien, die unversöhnliche Gegensätze zwischen den Kulturen konstruieren. Es bildet ein Fundament, das es »allen Menschen guten Willens« ermöglicht, untereinander zusammenzuhalten und so eine Zukunft in Frieden, Gerechtigkeit und Solidarität zu gewinnen. Insbesondere verbietet es jegliche Einteilung der Menschheit in Gruppen oder Rassen, denen unterschiedliche und kaum veränderliche Eigenschaften zugesprochen werden. Eine solche Aufspaltung rüttelt am Fundament unserer Gesellschaft. Letztlich richtet sie sich gegen die Würde des Menschen.
Vor diesem Hintergrund lautet das Motto der Interkulturellen Woche auch im Jahr 2011: »Zusammenhalten – Zukunft gewinnen«. Einige aktuelle Aspekte der Integrationsdebatte seien exemplarisch angesprochen:
- Kinder sind unsere Zukunft. Bildungszugänge für alle Kinder sind deshalb ein zentraler Aspekt des Integrationsgeschehens. Dazu bedarf es sowohl des Engagements der Eltern als auch entsprechender Rahmenbedingungen und ausreichender finanzieller Mittel für Schulen, Kindertagesstätten und andere Bildungseinrichtungen. Auch die religiöse Bildung hat eine besondere Bedeutung für gelingende Integration. Denn sie hilft, sprach-, auskunfts- und dialogfähig zu werden.
- Noch immer ringt die Politik um eine langfristig tragfähige Bleiberechtsregelung für Menschen, die schon lange in unserem Land leben, aber keinen gesicherten Aufenthaltsstatus haben. Die Kirchen begrüßen die Bestrebungen im politischen Raum, hier aufgewachsene, gut integrierte Kinder und Jugendliche vor der Perspektivlosigkeit zu bewahren. Eine großzügige Bleiberechtsregelung für sie ist ein Signal, das in die Zukunft weist. Doch sollten auch die Nöte ihrer Eltern sowie der Alten, Kranken und gut integrierten Alleinstehenden nicht vergessen werden. Auch für sie muss eine Lösung gefunden werden.
- Ein Hoffnungszeichen für viele Menschen ist die von der Bundesregierung zugesagte Neuberechnung der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, die schon seit vielen Jahren auf dem gleichem Niveau verharren. Die Kirchen fordern schon seit seiner Einführung im Jahr 1993 die Abschaffung dieses Gesetzes, das Asylbewerber bei der existentiellen Grundsicherung massiv benachteiligt. Deshalb findet es die ausdrückliche Zustimmung der Kirchen, wenn auch das Sachleistungsprinzip bei den Aufwendungen für Asylbewerber grundsätzlich in Frage gestellt wird.
- Nach wie vor sind große Anstrengungen erforderlich, um das Miteinander von Einheimischen und Zuwanderern zu stärken. Persönliche Begegnungen helfen, Vorurteile abzubauen. Und das Kennenlernen ist der erste Schritt zum Verständnis für die Situation des jeweils Anderen. Seit Jahren ist deshalb der Dialog von Christen, Muslimen und Gläubigen anderer Religionen ein Schwerpunkt der Interkulturellen Woche. Wir laden dazu ein, die vielfältigen Kontaktmöglichkeiten verstärkt wahrzunehmen.
- Im zurückliegenden Jahr wurde vielerorts eine »Nacht der offenen Gotteshäuser« gestaltet. Dies war für zahlreiche Menschen eine willkommene Gelegenheit, sich den religiösen Fragen neu zu stellen und sich auf interreligiöse und interkulturelle Begegnungen einzulassen. Wir ermutigen, solche Schritte an vielen Orten zu gehen.