Quelle: Diakonie Deutschland
Ohne Angst zum Arzt zu gehen - das ist in Deutschland für
Menschen ohne geregelten Aufenthaltsstatus nicht möglich. Ein Bündnis aus über
44 zivilgesellschaftlichen Organisationen - darunter die GFF, Ärzte der Welt,
Amnesty International, Diakonie, Pro Asyl, AWO - fordert mit der Kampagne
"GleichBeHandeln" daher eine Gesetzesänderung.
Die Coronapandemie hat deutlich gemacht, wie wichtig das Recht auf
Gesundheitsversorgung ist, sowohl für jeden einzelnen Menschen als auch für die
gesamte Gesellschaft. Dieses Recht wird jedoch Hunderttausenden in Deutschland
verwehrt. Denn der Paragraph 87 des Aufenthaltsgesetzes verpflichtet das
Sozialamt, Personen ohne gültigen Aufenthaltstitel umgehend an die
Ausländerbehörde zu melden, wenn sie eine Kostenübernahme für medizinische
Leistungen beantragen. Aus der begründeten Angst vor Abschiebung heraus
vermeiden es daher Menschen, die teils schon jahrelang in der Mitte unserer
Gesellschaft als Nachbar*innen, Kund*innen, Dienstleister*innen und
Mitschüler*innen leben, sich ärztlich behandeln zu lassen. Die Folgen: Covid-19-
Infektionen werden nicht entdeckt, lebensbedrohliche Erkrankungen bleiben
unbehandelt, Schwangere können nicht zur Vorsorgeuntersuchung gehen, Kinder
erhalten keine medizinische Grundversorgung.
Die Übermittlungspflicht steht bereits seit vielen Jahren in der Kritik. 2009
wurden Bildungseinrichtungen von der Pflicht, Personen ohne Aufenthaltstitel zu
melden ausgenommen, damit Kinder ohne geregelten Aufenthaltsstatus ohne Angst
zur Schule gehen können. Nun gilt es, den bestehenden Missstand auch für das
Gesundheitswesen zu beseitigen. Das Kampagnenbündnis ist überzeugt: Menschen aus
migrationspolitischen Gründen von notwendigen Arztbesuchen abzuhalten, ist
inakzeptabel! Auch das Bundesverfassungsgericht hat 2012 entschieden: "Die
Menschenwürde ist migrationspolitisch nicht zu relativieren."
Die Bundesregierung hat sich in verbindlichen internationalen
Menschenrechtsverträgen verpflichtet, allen Menschen in Deutschland Zugang zu
einer angemessenen Gesundheitsversorgung zu gewährleisten - unabhängig von
Einkommen, Herkunft und Aufenthaltsstatus. 2018 hat der UN-Ausschuss für
wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte die deutsche Politik
aufgefordert, das Aufenthaltsgesetz zu ändern, damit auch Menschen ohne
geregelten Aufenthaltsstatus Gesundheitsdienste in Anspruch nehmen können.
Das Bündnis fordert den Gesetzgeber auf, den Paragraph 87 des
Aufenthaltsgesetzes schnellstmöglich zu ändern und ruft alle Parteien auf, sich
dafür einzusetzen.
Die Petition und weitere Informationen zur Kampagne finden Sie auf
www.gleichbehandeln.de