Mit Blick auf das in Genf tagende Globale Flüchtlingsforum haben Außenminister Heiko Maas (SPD), der Deutsche Caritasverband und die Diakonie zu einer großzügigen Aufnahme von Geflüchteten aufgerufen.
Maas, der sich in Genf aufhält, forderte am Dienstag im ZDF-Morgenmagazin eine gerechtere Lastenverteilung in Sachen Flüchtlingsaufnahme EU- und weltweit. Gefordert sei nicht nur die Politik, sondern auch die Wirtschaft. Deutschland stelle 1,6 Milliarden Euro an humanitärer Hilfe zur Verfügung, die im wesentlichen an Länder wie Jordanien oder Libanon gingen, die Geflüchtete aufnehmen. Man müsse sich Gedanken darüber machen, wie etwa junge Flüchtlinge zur Schule oder zum Studium gehen könnten, "so dass sie möglicherweise irgendwann in ihre Heimatländer zurückkehren und sich am Wiederaufbau beteiligen können", so Maas.
Deutschland nehme weltweit die fünftmeisten Flüchtlinge auf, unterstrich der SPD-Politiker. "Wir haben in den letzten Jahren gezeigt, insbesondere innerhalb Europas, dass wir bereit sind, Verantwortung zu übernehmen, deutlich mehr als andere", sagte er. "Das Land in Europa, das den wenigsten Nachholbedarf hat bei der Aufnahme von Flüchtlingen, ist Deutschland."
Caritaspräsident Peter Neher sagte der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA): "Nie war die Zahl von Menschen auf der Flucht so hoch wie heute." Die Staatengemeinschaft sollte sich klar dazu bekennen, aus extremen Notlagen Geflüchtete im Rahmen des sogenannten Resettlements aufzunehmen. Auch Deutschland müsse seine Aufnahmekapazitäten erhöhen. Die Staatengemeinschaft dürfe etwa über die Zustände in Lagern in Libyen oder auf den griechischen Inseln nicht hinwegsehen oder sie gar billigen.
Das Globale Flüchtlingsforum tagt noch am heutigen Mittwoch. Der Gipfel, an dem Staats- und Regierungschefs sowie weitere hochrangige Politiker teilnehmen, ist das erste Folgetreffen zur Umsetzung des Globalen Flüchtlingspaktes, der vor einem Jahr von den Vereinten Nationen angenommen wurde.
Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) kündigte unterdessen zusätzliche Unterstützung für Frauen und Kinder in Krisenländern an. Das Entwicklungsministerium habe in Genf weitere 16 Millionen Euro für den multilateralen Bildungsfonds "Education Cannot Wait" zugesagt, erklärte er. Der Fonds ermöglicht Schulbildung für fast 2 Millionen Kinder und Jugendliche in 18 Krisenländern. Zugleich kündigte er die Gründung eines Aktionsnetzwerks für Frauen auf der Flucht an. Der Politiker bezeichnete es als Skandal, dass "das UN-Flüchtlingswerk in diesem Jahr gerade mal etwas über die Hälfte der notwendigen finanziellen Mittel für seine Arbeit erhält."
Die Hilfsorganisation Oxfam betonte, die Hauptlast bei großen Fluchtbewegungen trügen wenige, häufig arme Länder im globalen Süden. Weltweit stellten nur zehn Länder mehr als 1.000 Plätze für Resettlement-Verfahren bereit. Angesichts von knapp 26 Millionen Flüchtlingen außerhalb ihrer Heimatländer und 3,5 Millionen Asylsuchenden weltweit benötigen diese Staaten deutlich mehr Unterstützung durch die internationale Gemeinschaft.
Zum "Internationalen Tag der Migranten" am 18. Dezember ruft auch Diakonie-Präsident Ulrich Lilie wenige Tage vor dem Weihnachtsfest auf zu einer humanitären europäischen Migrationspolitik und offenen Türen in der Gesellschaft: "Europa braucht eine Reform der Migrationspolitik, die von allen EU-Staaten mitgetragen wird. Die Hoffnung vieler Menschen auf bessere Lebensbedingungen und ein sicheres Zuhause erstickt derzeit im Streit der europäischen Regierungen. Wir benötigen eine Vision für ein Europa der Menschenrechte und des Zusammenhalts", so Lilie. Die europäische Migrationspolitik schwebe nicht im luftleeren Raum - "dahinter steht das Schicksal vieler Menschen: Sie verbinden mit Europa die Hoffnung auf eine bessere Zukunft für sich und ihre Kinder. Immer wieder stoßen sie dabei aber auf verschlossene Türen - auch in unserer Gesellschaft", so der Diakonie-Präsident weiter.
Neben einem humanitären Asylrecht brauche es ein modernes Einwanderungsrecht und eine wirksame Bekämpfung der Fluchtursachen. Lilie: "Dabei müssen alle europäischen Mitgliedstaaten stärker zusammenarbeiten als bisher. Das ist politisch vernünftig und zukunftsweisend. Die Abschottung der Grenzen und nationale Alleingänge sind dagegen kurzsichtige politische Irrwege. Unsere Gesellschaft sollte Schutzsuchenden Türen öffnen und ihnen die Chance geben, bei uns ein Zuhause zu finden."