Straßentheater und Fortbildung mit dem Teatro Due Mondi

2025 ist die Theatertruppe zum ersten mal mit "Die neuen Abenteuer der Bremer Stadtmusikanten" in Deutschland unterwegs. Foto: Stefano Tedioli
Straßentheater und Fortbildung mit dem Teatro Due Mondi
Die Truppe aus Italien kann auch für Auftritte im Rahmen der Interkulturellen Woche gebucht werden

Das Teatro Due Mondi wurde 1979 als freie Theatergruppe in Faenza/Italien gegründet. In der Vergangenheit trat das Ensemble im Rahmen der Interkulturellen Woche mehrfach in Deutschland auf. Auch 2025 kann das Ensemble wieder gebucht werden. Die Stücke der Truppe sind für alle geeignet und können in den verschiedensten Räumen und im Freien aufgeführt werden. Sprache und Ästhetik sind universell und für alle verständlich. Die Ziele des Teatro Due Mondi sind, einen Dialog mit den Zuschauern herzustellen und ein neues Publikum zu gewinnen mit Menschen, die normalerweise nicht ins Theater gehen (vor allem Menschen mit Migrationshintergrund, soziale Randgruppen, Bewohner:nnen von Randbezirken, Jugendliche usw.).

Die Theatertruppe hat bisher mehr als 40 Produktionen geschaffen, über 20 europäische und andere Projekte organisiert, unzählige Workshops geleitet und mehr als 4000 Vorstellungen auf Festivals, Plätzen und in Theatern in 36 Ländern auf vier Kontinenten gegeben.

Für die Interkulturelle Woche bietet das Teatro Due Mondi verschiedene Stücke und Workshops an. Neu im Programm ist 2025 eine aktualisierte Version des altbekannten Grimmschen Märchens von den Bremer Stadtmusikanten, in der es um Willkommensbereitschaft und Solidarität geht.

 

Die neuen Abenteuer der Bremer Stadtmusikanten

Ein deutscher Esel, ein englischer Hund, eine italienische Katze und eine französische Gans, die den Hahn ersetzt (der "auf der Strecke geblieben ist", wie mit dem berühmten Kanon "Der Hahn ist tot" verkündet wird), haben sich auf dem Marktplatz eingefunden, um gemeinsam zu musizieren. Mit ihren tierischen Liedern aus aller Herren Länder wollen die Musikanten ein paar Münzen für das Abendbrot einspielen. Live gesungen und vom Akkordeon begleitet, reicht ihr Repertoire vom klassischen Kinderlied ("Auf unserer Wiese gehet was") über italienische und afrikanische traditionelle Melodien bis zum amerikanischen Music-Hall der 50er Jahre ("How much is that doggie?").

Eines Tages begegnen die Musikanten einer verletzten Störchin, die vom Weg abgekommen ist. Sie trägt ein Baby im Schnabel, das in einem fernen Land geboren wurde und bei seiner neuen Mutter abliefert werden soll, einer mysteriösen Madame Europa, die angeblich in der Willkommensstraße wohnt.

Hier beginnt die Reise der Stadtmusikanten auf der Suche nach Madame Europa. Zunächst scheint es, dass es die Willkommensstraße gar nicht gibt, und auch die rätselhafte Mutter ist allseits unbekannt. Das Essen ist spärlich, die Sonne brennt und die Angst vor den Räubern erfordert viel Mut. Aber am glücklichen Ende der Geschichte wird das Ziel gefunden: Die Stadt, in der das Stück gespielt wird, wird zum Hort der Solidarität getauft, und das Baby findet ein Zuhause.

"Die neuen Abenteuer der Bremer Stadtmusikanten" zeichnen sich durch Flexibilität aus: Das Stück kann an sehr verschiedene Rahmenbedingungen angepasst und auch draußen gespielt werden. Bühnenbild und Beleuchtung sind einfach gehalten. Die Theatermagie entsteht durch plastisches, körperliches Spiel, Masken, Musik und den direkten Kontakt zu den Zuschauer*innen, in deren Mitte die Akteur*innen in verschiedenen Szenen agieren.

 

Mauerrisse – Ein partizipatorisches Straßentheaterprojekt

Das Stück
Das Straßentheaterstück MAUERRISSE des Teatro Due Mondi wurde ihm Rahmen des europäischen Projektes MAUERSPRINGER 2019 entwickelt. Es ist das Ergebnis eines langjährigen kreativen und sozialen Prozesses, den das Ensemble 2011 mit dem partizipatorischen Theaterprojekt SENZA CONFINI – GRENZENLOS für Geflüchtete und italienische Bürger*innen in Gang gesetzt hat.

Im Stück "Mauerrisse" geht es um Barrieren - physische und psychische. Foto: Jean-Pierre Estournet

Das Stück ist konzipiert für öffentliche Plätze und spielt sich in einem großen Rechteck zu ebener Erde ab. Es wird vom Publikum von zwei Seiten aus verfolgt. Eine erhöhte Plattform dient als Kontrollturm und kleine Bühne, von wo aus die Schauspieler*innen in Brecht‘scher Manier das Geschehen mit Liedern und kurzen Texten kommentieren. Wesentliches Bühnenelement sind fünf Metallwände auf Rollen, die von den Schauspieler*innen immer neu zusammengesetzt und bewegt werden. So entstehen Mauern, Schwingtüren, Grenzen, Tore und ein spiegelglattes Meer.

In MAUERRISSE geht es um Mauern, Grenzen und Zäune, die physisch unüberwindbar sind, aber auch um zwischenmenschliche Mauern der Angst und des Misstrauens. Es wird erzählt von hohen, abgrenzenden Mauern, die immer noch und immer wieder gebaut werden. Es gibt so viele davon auf der Welt, dass sie aus der Luft wie ein riesiges Labyrinth aus versperrten Wegen und Einbahnstraßen aussehen. Die Akteur*innen stoßen an diese Grenzen, wollen sie überwinden, werden zurückgewiesen, suchen nach neuen Wegen. Aber wer keine Papiere hat, wer anders ist, wird nicht durchgelassen.

Und dann ist da auch noch das menschliche Unbehagen vor dem Unbekannten. Man nimmt sich in Augenschein, versucht zu ergründen, ob man einander vertrauen kann. Wertschätzung und Vertrauen entstehen nur, wenn man Taue zwischen den Ufern spannt, Wasser dorthin bringt, wo es keins gibt. Wenn man dem Schwachen hilft, seine Tasche zu tragen, und wenn man morgens unter demselben Himmel aufwacht.

Das Stück ist konzipiert für öffentliche Plätze und spielt sich in einem großen Rechteck zu ebener Erde ab. Foto: Charlotte Jäckel

Mit diesem Stück erzählt das Teatro Due Mondi von seiner seit neun Jahren währenden Begegnung mit Geflüchteten und Asylbewerbern. Aber auch mit Fremden aus anderen europäischen Ländern und mit Italienern, die sich fremd fühlen. Schließlich verliert sich jeder mal im eigenen Labyrinth.

Wie alle Straßentheaterproduktionen des Teatro Due Mondi basiert MAUERRISSE auf thematischen Aktionen, die choreographisch, choral und textlich in Szene gesetzt werden und eine starke visuelle und inhaltliche Aussagekraft haben. Das Stück kann (muss aber nicht) im Anschluss an einen Workshop gemeinsam mit Teilnehmer*innen aus der Stadt aufgeführt werden. Die Befolgung von Corona-Schutzmaßnahmen kann gewährleistet werden (Mindestabstände, geg. Masken, Aufführung im Freien).

Der Workshop
Der Workshop richtet sich an Bürger*innen, die Lust haben, im Straßentheaterstück MAUERRISSE mitzuspielen, die Erfahrungen austauschen und einander begegnen möchten. Das Stück folgt einer Dramaturgie mit einer festen Struktur, in welche die im Workshop erarbeiteten Szenen eingefügt werden. In jeder Stadt entstehen so neue Variationen, je nach Aktualitätslage und Zusammensetzung der Gruppe. Am Ende des Workshops kommt es zu einer öffentlichen Vorstellung, in der die Teilnehmer*innen an der Seite der italienischen Schauspieler*innen auftreten.

Auch bei Dunkelheit kann das Stück gespielt werden. Foto: Sylvie Jacquemin

Im Workshop setzen sich die Teilnehmenden spielerisch mit dem Thema Mauern auseinander und mit der Frage, wie sie überwunden werden können. Diese Mauern können staatliche Grenzen sein, aber auch soziale oder finanzielle Hürden, zwischenmenschliche Mauern, bestehend aus Vorurteilen, oder individuelle Mauern der Angst und des Misstrauens. Unkenntnis lässt Mauern entstehen, Wissen schlägt Breschen, die sie zum Einstürzen bringen.

Willkommen sind Menschen jeden Alters, jeder Herkunft und jeder Sprache, auch ohne Theatererfahrung. Ein Merkmal der Methode des Workshops ist, dass die Teilnehmenden keine Theatertechniken lernen, sondern sich als Personen einbringen und im “Schutz” der Gruppe als Nicht-Schauspieler*innen öffentlich auftreten und so eine Stimme verliehen bekommen.

Technische Bedingungen

Spielfläche:
 - ca. 16 x 9m
 - evtl. Bänke oder Stühle für die ersten Zuschauerreihen auf zwei Seiten
 - Zufahrts- und Parkgenehmigung für einen Minibus mit Anhänger

Ton:
Der Veranstalter stellt die Tonanlage mit 4 Außenlautsprechern, geeignet für Subwoofer, an den vier Ecken der Spielfläche und 4 Mikrofone mit Kabeln und Stativen. Aufbau vom Ton vier Stunden vor Vorstellungsbeginn.

Beleuchtung:
Das Stück kann tagsüber oder bei Dunkelheit gespielt werden. Bei Dunkelheit ist eine einfache Ausleuchtung der Spielfläche erforderlich.

Benötigtes Material vor Ort:
Vier Gitter (Absperrung bei Veranstaltungen, hüfthoch, ca. zwei Meter breit)

Garderobe:
Ein Raum von mindestens 30 m² in unmittelbarer Nähe zum Spielort, ausgestattet mit Licht, Steckdosen und sanitären Anlagen. Die Garderobe muss ab ca. fünf Stunden vor der Aufführung und bis 2 Stunden danach zur Verfügung stehen. Getränke für acht Personen.

Personal:
1 Techniker und 1 Verantwortlicher mit Entscheidungsbefugnis während Vorbereitung und Vorstellung.

 

Giving Voice

Ein Workshop zur Förderung von Spracherwerb und interkulturellem Dialog mithilfe des Theaters

Worum geht es?
Der Workshop GIVING VOICE geht aus der jahrelangen Theaterarbeit des Teatro Due Mondi mit Migranten und Geflüchteten hervor. Es werden darin Methoden vermittelt und Erfahrungen erlebbar gemacht, die das Erlernen einer neuen Sprache erleichtern und die helfen können, eine interkulturelle Lernsituation zu schaffen, in der ein wechselseitiger Prozess des sich Kennenlernens stattfindet. Er richtet sich an alle, die das Theater als Instrument zum Erlernen einer Sprache und zur Kommunikationsförderung unter Fremden kennenlernen möchten (z. B. Lehrer, Dozenten, die in der Erwachsenenbildung tätig sind, Sozialarbeiter, Kulturarbeiter, Mediatoren, Coaches etc.). Theatererfahrung ist keine Voraussetzung.

Im Workshop GIVING VOICE werden unter anderem Methoden vermittelt und Erfahrungen erlebbar gemacht, die das Erlernen einer neuen Sprache erleichtern. Foto: Teatro Due Mondi

Warum ein Theaterworkshop zur Alphabetisierung?
Alphabetisierung bedeutet nicht nur, lesen und schreiben zu können, sondern auch zu wissen, wie man sich in einem sozialen Umfeld bewegt und in Beziehung zu anderen Menschen tritt. In Europa treffen immer mehr verschiedene Ethnien aufeinander. Der Erwerb einer neuen Sprache ist meistens ein unumgänglicher Schritt zum Eintritt in die Gesellschaft. Indem das Theater den Austausch und die Offenheit gegenüber dem anderen fördert, nimmt es einen positiven Einfluss auf den Sprachlernprozess; denn oft erlebt der Fremde nicht nur die neue Sprache als fremd, sondern auch das gesamte Umfeld, in dem er sich befindet.

Deswegen werden im Workshop nicht nur Werkzeuge zur aktiven Sprachvermittlung vermittelt. Es wird auch ein Raum geschaffen, in dem die Teilnehmer mit der kulturellen Welt der Sprache in Kontakt treten (Tonalität, Mimik, Gestik, Paralinguistik). Außerdem werden Theaterübungen vorgestellt, welche die Interaktion mit anderen Menschen und die nichtverbale Kommunikation anstoßen. Diese Methoden können auch von Laien übernommen und z. B. in einem interkulturellen Umfeld eingesetzt werden, wo Menschen verschiedener ethnischer, kultureller und sozialer Herkunft aufeinandertreffen, die weder Theatererfahrung noch Sprachkenntnisse haben. Dort kann das Theater ein Weg sein, die Menschen füreinander zu öffnen.

Inhalte

Die Gruppe – ich und wir
Theater- und Kontaktübungen zum Sich-Einlassen auf sich selbst und auf die anderen, auf Emotionen, Blicke und Körper.
Die Sprache – meine und deine
Der Klang der Muttersprache (Deutsch). Der Klang der Zweitsprache (Italienisch). Sprachübungen zur Bildung von Worten und Wortketten in Aktion. Verfassen von einfachen Dialogen, ausgehend von der Lebenserfahrung der Teilnehmer.
Sprache und Musik
Stimm- und Gesangsübungen. Die Musik der Wörter. Phonetikübungen zur korrekten Imitation von Lauten. Atmung. Rhythmusübungen in Bewegung. Sprechgesang im Chor. Vom Wort zum Lied.
Spielen und Agieren
Improvisation ohne Worte zu lebensnahen Situationen. Dialoge in Aktion. Erarbeitung von kurzen Gruppenszenen. Regiebeispiele anhand der Kombination von Szenen. Skizze eines Theaterstückes.
Reflexion und Austausch
Der praktische Teil des Workshops wird auf Italienisch gehalten, um die Teilnehmer eine authentische Erfahrung des “Fremdseins” machen zu lassen. Theoretische Erläuterungen und Momente der Reflexion und des Austauschs werden ins Deutsche übersetzt.

Der Workshop richtet sich an alle, die das Theater als Instrument zum Erlernen einer Sprache und zur Kommunikationsförderung unter Fremden kennenlernen möchten. Foto: Teatro Due Mondi

Pädagogischer Hintergrund
Seit 2011 (dem Beginn der "Flüchtlingswelle" in Italien) organisiert das Teatro Due Mondi einmal wöchentlich den interkulturellen Workshop Senza Confini – Grenzenlos, wo sich Menschen mit Fluchthintergrund und Einwohner der Stadt begegnen.

La Casa del Teatro (das "Theaterhaus") des Teatro Due Mondi ist so zu einem offenen Ort der Begegnung geworden, wo Menschen unterschiedlicher Herkunft, Sprache und Kultur zusammentreffen. Der Workshop ist ein Weg, um die Gesellschaft mithilfe des Theaters solidarischer und offener zu gestalten. Ein Ort, wo man sich trifft, kennenlernt, austauscht und versucht, sich den Herausforderungen unserer Zeit zu stellen. Einer Zeit, in der Menschen aus aller Welt auf das Alte Europa zugelaufen kommen, das versucht ist, sich hinter Mauern und Grenzen zu verbarrikadieren. In Grenzenlos wird ein gemeinschaftlicher Raum geschaffen, in dem innerhalb der Gruppe in kleinen Schritten gelernt wird, wie die Welt offen, gerecht, freundschaftlich und lebendig gestaltet werden kann.

Dank der Erfahrungen, die das Teatro Due Mondi im Grenzenlos-Workshop gesammelt hat, aber auch dank zahlreicher anderer Projekte im Bereich der Jugendarbeit, der Erwachsenenfortbildung und der Arbeit mit benachteiligten Bevölkerungsgruppen hat die Gruppe eine für jede und jeden zugängliche Methode entwickelt: Mithilfe des (Straßen-) Theaters wird der interkulturelle Dialog, persönliches Empowerment, Verständigung auch ohne gemeinsame Sprache und ganz generell Toleranz und ein friedliches Zusammenleben gefördert.

Kontakt
Tanja Horstmann
E-Mail: tanja@teatroduemondi.it
Telefon: 0039 331 1211765