Die Gemeinschaftsunterkunft für Geflüchtete in Lochhausen-Langwied liegt im Westen von München. Schon bald nach der Eröffnung im Dezember 2016 machte sich die örtliche AWO Gedanken, wie sie die Nachbarschaft mit den Bewohnern zusammenbringen könnte. Die erfolgreiche Idee war eine urdeutsche Institution: ein Stammtisch.
In der Unterkunft mit rund 300 Plätzen leben etwa 150 Männer aus Afrika, dazu Familien größtenteils aus Afghanistan und Syrien. Die AWO ist dort als Asyl-Sozialdienst aktiv, acht Kolleg*innen begleiten die Bewohner bei der Integration, vermitteln sie an Ansprechpartner in den Bereichen Bildung, Medizin, Rechtsberatung oder Therapie.
"Mit dem Stammtisch wollten wir deutlich machen, dass es ein offenes Haus ist", sagt Petra Bauer, die Leiterin der AWO-Asyl-Sozialberatung. Neben Nachbarn wurden auch freiwillige Helfer eingeladen. Zudem sprachen die Organisierenden rund zehn Bewohner der Unterkunft an. Auf die Tische stellte man Getränke und Knabbereien – "und dann haben wir einfach angefangen zu reden", erzählt Bauer. Zuvor hatte sie kurz anmoderiert und die Teilnehmenden sich vorgestellt. Ein Programm oder besondere Themenvorschläge gab es nicht.
Aber auch ohne Agenda wurden beim Stammtisch angeregte Unterhaltungen geführt. "Mögen Deutsche Schwarze?" war eine Frage, die gestellt wurde. Auch wurde erörtert, was Deutsche von einem Schwiegersohn in spe erwarten; Kindererziehung war ebenfalls ein großes Thema. Und die Nachbarn konnte kleine Probleme ansprechen, die sich ohne den direkten Austausch vielleicht zu Konflikten aufgeschaukelt hätten, etwa wenn es um den Lärm aus der Unterkunft ging. "Wir veranstalten zwar auch ein Sommerfest in der Unterkunft, der Stammtisch ist aber ein kleinerer Rahmen, in dem man offener diskutieren kann", so Bauer.
Etwa anderthalb Stunden dauerte jede Gesprächsrunde, die Veranstaltung wurde sogar ins Programm der Volkshochschule aufgenommen. Mittlerweile gibt es den Stammtisch nicht mehr. Jetzt kennt man sich – und respektiert sich.