Die Migrationsagentur im sachsen-anhaltinischen Burgenlandkreis ist eine – zumindest für Ostdeutschland – einmalige Institution. Dort sind alle Einrichtungen, die mit Integration oder der Gewährung von Leistungen für Zuwanderer zu tun haben, unter einem Dach vereint. Neben dem kommunalen Jobcenter sind die Ämter für Jugend, Wirtschaft, sowie Bildung, Kultur und Sport vertreten. Auch die Agentur für Arbeit, der Kreissportbund, die Kreisvolkshochschule und der Kirchenkreis Naumburg-Zeitz entsenden Mitarbeitende in die Willkommensbehörde. Insgesamt arbeiten 71 Personen in der Migrationsagentur.
„Gerade Geflüchtete sind mit einer ganzen Reihe von Behörden konfrontiert. Häufig sind sie überfordert mit den vielen verschiedenen Ansprechpartnern und Zuständigkeiten“, sagt Landrat Götz Ulrich (CDU). Darum kam die Idee auf, alles unter einem Dach zu bündeln. Im April 2018 ging die Agentur an den Start, und bisher habe es nur positive Reaktionen gegeben. „Gerade für die Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter sind die Wege kürzer geworden, da muss man nur über den Flur zur Kollegin oder zum Kollegen gehen“, so Ulrich.
Und die Zuwanderer müssen nicht mehr von Behörde zu Behörde hetzen, um Anträge zu stellen, Nachweise vorzulegen oder Informationen einzuholen. Durch die Konzentration müssen einige allerdings auch weitere Wege in Kauf nehmen. Wer zum Beispiel „nur“ das Jobcenter braucht, kann nicht mehr in die Zweigstelle vor Ort gehen, sondern muss nach Naumburg in die Migrationsagentur, die im dortigen Landratsamt untergebracht ist. „Das haben wir im Vorfeld lange abgewogen, uns dann aber dafür entschieden. Und bisher haben wir keine Klagen gehört“, berichtet Ulrich.
Innerhalb seiner Verwaltung musste der Landrat erst einmal viele überzeugen, bei dem Projekt mitzumachen. Schließlich mussten die einzelnen Behörden Personal abordnen, das dann unter einer Leitung arbeitet. Gleichzeitig musste die fachliche Verantwortung gewahrt bleiben. Der Aufwand hat sich gelohnt, denn das Projekt hat für Resonanz weit über den Burgenlandkreis hinaus gesorgt: Immer wieder melden sich Kollegen aus der Verwaltung bei Ulrich an, um sich das Konzept der Migrationsagentur vorstellen zu lassen.
Dabei richtet sich die Migrationsagentur nicht nur an Geflüchtete. Auch EU-Ausländer und Arbeitsmigranten aus Drittländern hat man im Blick. Dazu gehören etwa die vielen Osteuropäer, die in der Ernährungsindustrie arbeiten, die im Burgenlandkreis stark aufgestellt ist – und deren Personalbedarf ohne die Zuwanderer nicht gedeckt werden könnte. „Wir wollen nicht, dass diese Arbeitnehmer kaserniert werden, sondern sie im Kreis verteilt unterbringen. Das befördert die Integration“, so Ulrich. Massive Probleme mit prekären Wohnungsverhältnissen in „Schrottimmobilien“, Mietwucher oder Wohnungslosigkeit bei Arbeitsmigranten, wie es sie in einigen Großstädten in Westdeutschland gibt, hat Ulrich noch nicht beobachtet. Allerdings habe es Fälle gegeben, in denen Arbeitgeber ihre Angestellten in zu kleinen Unterkünften untergebracht hatten. „Das ist dann auch ein Fall für die Migrationsagentur.“