Internetportal erfasst Fälle von Rassismus gegen Muslime

Kampagnenplakate der Woche gegen antimuslimischen Rassismus. © Claim-Allianz
Internetportal erfasst Fälle von Rassismus gegen Muslime

Quelle: Claim-Allianz

Vorurteile bei der Job- und Wohnungssuche, Beleidigungen auf der Straße, Angriffe auf Moscheen, Drohbriefe und immer wieder Gewaltdelikte: Seit Jahren werden in Deutschland Muslim*innen und muslimisch wahrgenommene Menschen zur Zielscheibe von Hass, Diskriminierungen und Übergriffen. Betroffene und Zeug*innen können jetzt auch bundesweit online antimuslimische Fälle melden. Das bundesweite Meldeportal www.i-report.eu/melden startet zur Aktionswoche gegen antimuslimischen Rassismus, die seit dem 24. Juni läuft.

Antimuslimisch motivierte physische und psychische Übergriffe und Diskriminierungen im Bildungsbereich, im Gesundheitswesen, auf dem Wohnungs- und Arbeitsmarkt und im öffentlichen Raum ereignen sich mittlerweile jeden Tag in Deutschland. 1.026 islamfeindliche Straftaten hat das Bundesinnenministerium (BMI) bundesweit 2020 offiziell erfasst. Die Dunkelziffer wird von Expert*innen jedoch weitaus höher geschätzt. Viele Vorfälle werden von den Behörden nicht als "islamfeindlich" eingestuft oder von Betroffenen gar nicht erst zur Anzeige gebracht.

Um antimuslimischen Rassismus bundesweit einheitlich zu erfassen und sichtbar zu machen, registriert und dokumentiert CLAIM über das neue Meldeportal www.i-report.eu/melden ab sofort antimuslimische Vorfälle. Erfasst werden Fälle von antimuslimischen Schmierereien, Belästigungen bis hin zu gewalttätigen Übergriffen auf Muslim*innen oder als Muslim*innen wahrgenommene Personen. Verifizierte Vorfälle werden systematisiert, ausgewertet und veröffentlicht. In Kooperation mit der Dokumentations- und Beratungsstelle Islamfeindlichkeit und antimuslimischer Rassismus (Dokustelle Österreich) sowie Antidiskriminierungs-, Beratungs- und Dokumentationsstellen aus Deutschland hat CLAIM das Meldeportal entwickelt und startet jetzt in die Pilotphase in Deutschland und Österreich.

Kampagnenplakat der Woche gegen antimuslimischen Rassismus. © Claim-Allianz

Rima Hanano, Projektleiterin von CLAIM: "Wir haben es bei antimuslimischem Rassismus keineswegs mit einem Randphänomen zu tun. Ausgrenzungen, menschenfeindliche Bedrohungen oder Beleidigungen sind für viele Menschen eine alltägliche Erfahrung. All das geschieht relativ unbeachtet von der Öffentlichkeit. Der Anstieg antimuslimischer Übergriffe im Jahr 2020 ist vor allem vor dem Hintergrund besorgniserregend, dass diese offizielle Statistik nur einen Teil des antimuslimischen Rassismus abbildet. Um Ursachen zu bekämpfen und Betroffene schützen zu können, benötigen wir Klarheit über das tatsächliche Ausmaß. Hier setzen wir an. Die Schaffung einer niedrigschwelligen bundesweiten Meldemöglichkeit für Betroffene und Zeug*innen stellt dabei einen ersten sehr wichtigen Schritt dar. Perspektivisch sollen diese Fallmeldungen in Deutschland durch die Fallzahlen von Beratungsstellen ergänzt, systematisiert und ausgewertet werden. Die bloße Erfassung und Dokumentation reichen jedoch nicht aus. Um Betroffenen sofort unterstützen und schützen zu können, braucht es zusätzlich einen flächendeckenden Ausbau der Beratungslandschaft in Deutschland und hier müssen insbesondere auch Selbstorganisationen gestärkt werden."

Eva Andrades, Geschäftsführerin des Antidiskriminierungsverbandes Deutschland (advd): "Die Beratungsstellen erreichen zunehmend Beschwerden, die auf antimuslimischen Rassismus zurückzuführen sind. Insgesamt sind das Bewusstsein und Wissen über unterschiedliche rassistische Dimensionen und ihre Spezifika in den letzten Jahren gewachsen. Gleichzeitig ist es wichtig, antimuslimischen Rassismus zu dokumentieren und damit sichtbar zu machen, um umfassende Antidiskriminierungsarbeit leisten zu können."

Das Meldeportal stellt eine Ergänzung zu regional bestehenden Melde-, Beratungs- und Unterstützungsangeboten dar. Die Unterstützung und der Aufbau zivilgesellschaftlicher Melde- und Unterstützungsnetzwerke soll nach der Pilotphase in Deutschland vorangetrieben werden. Das Ziel ist eine bundesweite Datenbasis zu antimuslimischen Übergriffen und Diskriminierungen. Erfahrungen und Ergebnisse der Datenerfassung sollen in den kommenden Jahren außerdem für weitere EU-Länder nutzbar gemacht werden mit dem Ziel, auch auf EU-Ebene auf eine einheitliche Erfassung und Dokumentation hinzuwirken. Die Erfassung in Deutschland startet zur Aktionswoche gegen antimuslimischen Rassismus, die am 24. Juni beginnt. Im Rahmen der Aktionswoche macht CLAIM die täglichen Diskriminierungen und Übergriffe auf Muslim*innen und Personen, die muslimisch wahrgenommen werden, mit einer begleitenden Plakatkampagne in deutschen Städten sichtbar und wirbt dafür, antimuslimische Vorfälle auf www.i-report.eu/melden zu melden.

Kampagnenplakate der Woche gegen antimuslimischen Rassismus. © Claim-Allianz

"Für viele Betroffene stellt die Anzeige oder die Meldung einer diskriminierenden Erfahrung keine Entlastung, sondern eine zusätzliche Belastung dar. Wir wissen von Betroffenen, dass sie eine Anzeige und das Einschalten der Behörden aufgrund großer Hemmschwellen und Hürden scheuen. Die Angst vor negativen Konsequenzen und geringe Aussichten auf Erfolg spielen dabei auch eine große Rolle. Betroffene müssen sich also erst dazu „überwinden“ und viel Eigeninitiative zeigen, bevor sie sich melden und jemandem anvertrauen können. Hinzu kommt, dass Alltagsrassismus inzwischen als „normal“ wahrgenommen und eine Meldung nicht als lohnenswert betrachtet wird. Ohne Anzeige und ordentlicher Nachverfolgung können diese Fälle nicht in die offiziellen Statistiken einfließen. Oft fehlt es auch an niedrigschwelligen Ansprechpartner*innen und Meldestellen vor Ort. I Report bietet eine einfache Möglichkeit für Betroffene, ihre Erfahrungen zu melden und professionelle Ansprechpartner*innen zu finden. Für die muslimische Community wird dadurch eine große Lücke geschlossen“, erklärt Yusuf Sarı, Projektkoordinator von Brandeilig.org/FAIR International.

Elisabeth Walser, Projektkoordinatorin der Dokustelle Österreich: „"m Jahr 2020 dokumentierte die Dokustelle Österreich 1.402 Fälle von antimuslimischen Diskriminierungen, Beleidigungen und Übergriffen. Studien belegen jedoch, dass von einer höheren Dunkelziffer auszugehen ist. Mit I Report setzten wir in Österreich den Anstoß für eine systematische und bundesweite Erfassung von antimuslimischen Diskriminierungen und Übergriffen. Durch diese Arbeit erhoffen wir uns eine verbesserte Sichtbarmachung der Alltäglichkeit von antimuslimischem Rassismus, um ein Agieren des Staates diesbezüglich durchzusetzen."

Die Aktionswoche gegen antimuslimischen Rassismus findet statt vom 24. Juni bis 1. Juli 2021: Dahinter steht ein breites, wachsendes zivilgesellschaftliches Bündnis von Initiativen, Kulturschaffenden, Migrant*innenorganisationen, Netzwerken, Wohlfahrtsverbänden, Moscheen und Aktionsgruppen. Höhepunkt ist der Tag gegen antimuslimischen Rassismus am 1. Juli. An diesem Tag jährt sich der Mord an Marwa El-Sherbini, die 2009 während einer Strafverhandlung im Landgericht Dresden aus antimuslimischen Motiven ermordet wurde. Seitdem steht der 1. Juli für ein entschiedenes Eintreten für eine solidarische, demokratische und offene Gesellschaft. Mehr Informationen zur Aktionswoche und zum Tag gegen antimuslimischen Rassismus unter www.allianzgegenhass.de.

Über CLAIM: CLAIM vereint und vernetzt aktuell 47 muslimische und nichtmuslimische Akteur*innen der Zivilgesellschaft und bildet eine breite gesellschaftliche Allianz gegen antimuslimischen Rassismus und Islamfeindlichkeit. CLAIM wird getragen von Teilseiend e. V. und gefördert vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben!“. Weitere Informationen zu CLAIM unter www.claim-allianz.de.

www.i-report.eu ist initiiert von CLAIM und wird gefördert von der Europäischen Union im Rahmen des Programms „Rechte, Gleichstellung und Unionsbürgerschaft“ (2014-2020) und der Stiftung Mercator.

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CLAIM – Allianz gegen Islam- und Muslimfeindlichkeit
Barbara Singh | Kommunikationsmanagerin
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